„Denn das heiligste, geliebte Kind ist uns geschenkt (Teil 2)

und für uns geboren am Weg
und in eine Krippe gelegt worden,
weil es keinen Platz in der Herberge hatte.“

(Franz von Assisi)


Dieses Zitat ist dem Psalm entnommen, den Franziskus für die Vesper der Weihnachtszeit gedichtet hat.

Unsere Schwester M. Angelucia Fröhlich betrachtet für uns heute die 3. und 4. Aussagen des hl. Franziskus im Einzelnen (die Betrachtung der 1. und 2. Aussage konnten Sie am 28.12. hier im Blog lesen).


3. „… in eine Krippe gelegt…“
Eine Futterkrippe ist für Tiere etwas Wunderbares. Hier ist ein fester Ort, hier bekommen sie Nahrung, hier treffen sie sich. Die Tiere wissen, wohin sie gehen können, wenn sie Kraft zum Leben brauchen. Hier können sie sich gegenseitig Wärme geben. Wenn da eines Tages ein neugeborenes Kind sich in eine Krippe legen lässt, dann – so sehe ich es – will es uns sagen: Bei mir könnt ihr Kraft zum Leben finden, bei mir könnt ihr euch zusammenfinden, um euch gegenseitig Wärme zu geben.


4. „… weil es keinen Platz in der Herberge hatte.“
Es war tatsächlich so, dass in der Herberge kein Platz war, erst recht nicht dafür, ein Kind zur Welt zu bringen. Erstens ist eine Geburt ein äußerst intimer Vorgang, bei dem nur der vertrauteste Mensch anwesend sein kann und darf – und Herbergen waren meist Gemeinschaftsunterkünfte und auf Grund der Volkszählung total überfüllt -, und zweitens wurde nach dem Verständnis der Juden jeder kultisch unrein, der mit Blut in Berührung kam. Also war tatsächlich einfach kein Platz für eine gebärende Frau. Doch auch darin steckt für mich eine tiefe Symbolik: Der Herr der Welt verlässt die Geborgenheit einer Wohnung. Er geht zu denen, die „draußen“ sind, um ihnen ihre Würde zurückzugeben und sie „herein“ zu holen. Der Herr der Welt begibt sich in die Heimatlosigkeit und in das ärmlichste Dasein, um „die Niedrigen zu erhöhen“… (vgl. Lk 1,52)

Wir können aus diesen Ausführungen irgendein Symbol herausgreifen und verinnerlichen. Eines der sprechendsten Symbole ist für mich das der „Herberge“. Die Herberge ist ein Symbol für mein Herz. Sagen wir nicht auch im profanen Bereich: „Du hast einen besonderen Platz in meinem Herzen“? Oder: „Für das oder jenes habe ich einen Platz in meinem Herzen.“

Mein Herz – eine Herberge!
Wer oder was ist da alles drin? Wem habe ich da Platz gegeben? Gibt es in meiner Herberge einen Platz für meinen Gott, für das „heiligste, geliebte Kind“? – Oder sind alle Plätze besetzt? – Mit wem oder mit was? Welche Gäste habe ich aufgenommen, welche muss „hinaus komplimentieren“ oder vertreiben, um Platz zu schaffen für den allerwichtigsten Gast? Habe ich einen Raum, den schönsten und größten, in dem das „heiligste, geliebte Kind“ zur Welt kommen darf? – Oder bleibt Gott draußen, weil in der Herberge „kein Platz“ ist? Muss Gott sich eine andere Herberge suchen? Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch. Bei ihm, in ihm will er wohnen, Herberge haben. Um seinetwillen ist er Mensch geworden, um seine Liebe zu verströmen und von aller Welt geliebt zu werden.


Dass sich das in uns allen erfüllen möge, wünscht Ihnen

Ihre
Schwester M. Angelucia Fröhlich